
Wer kennt noch diesen jungen, gutaussehenden, aber wenig sympathischen jungen Mann? Lester Bangs gilt als Erfinder des modernen Musikjournalismus und schrieb sich mit seinen Verrissen in die Herzen der Kinderzimmer der 1970er Jahre ein. 1982 verstarb Bangs viel zu früh. Sein Gesamtwerk inspirierte die ganz großen Schreiberlinge über Musik. Greil Marcus zum Beispiel, der mit Mystery Train das beste Buch darüber verfasste, wie der American Dream in der Popkultur Amerikas verhandelt wurde, veröffentlichte mit Psychotic Reactions and Carburetor Dung gesammelte Schriften von Bangs.
Zu Lebzeiten hatte Bangs sich geschworen, gegen den Mief der Eagles anzuschreiben. In seinem Artikel How The Eagles Cleaned Up the Wild West, der im Oktober 1976 in der Zeitschrift Music Gig erschien, schreibt er, wie die Eagles den einstigen Rockstar, den Rebel without a Cause, der wohl für immer mit James Dean assoziiert werden wird, zu Grabe tragen. Die Eagles standen für ihn für eine neue Form von Walt Disney Cowboytum. In Midnight Flyer, so Bangs, „da ist alles wie isoliert und wohltemperiert, keine Bohne von Staub oder mal ne Lunge voll Kohlenmonoxid“, der Vagabund erscheint in Limousine mit Air Condition.
Hätte das alles sein müssen? Natürlich nicht. In Kalifornien produzierten Musiker zur Zeit als Midnight Flyer released wurde (1974) sanfte, aber dennoch wieder ernst zu nehmende Rockmusik. AOR, Adult oder für andere Album Oriented Rock erblickte in Abgrenzung zu Bands wie Bay City Rollers das Licht der Welt. Blue Eyed Soul und Yacht Rock spiegelten einen neuen Zeitgeist wieder, der nicht mehr darin bestand, wie in Zeiten von Woodstock die Welt zu verändern und zu retten, sondern im neoliberalen Sinne – auf dem Punkt gebracht durch den Siegeszug der Droge Kokain – zu proklamieren, dass der Welt doch geholfen sei, wenn jeder sich um sich selbst kümmert und die Wunden des Weltschmerzes selber heilt. 2014 ist im Berliner Tagesspiegel dazu ein überaus lesenswerter Artikel veröffentlicht worden.