(Lustige Einleitung hier) – ich habe etwas getrödelt, weil ich wochenlang mit dem Sortieren und versuchtem Ausmisten meiner Liebste-Releases-Spotify-Liste beschäftigt war. Dass diese bei – elektronische Musik größenteils ausgenommen (die hab ich hier verwurstet) – 80 Tracks geendet ist, ist eigentlich ein gutes Zeichen für das Jahr. However, hier meine Favoriten.
Top 9 (unsortiert)
Poison Ruïn – „Härvest“
Damit bin ich etwa allen Menschen die ich kenne auf den Sack gegangen. Das Rad, oder überhaupt irgendetwas, wird hier nicht neuerfunden, stattdessen bügelt die Chain Punk-Kapelle aus Philly eine Mixtur aus Fantasy-Inhalten, Dungeon Synth-Interludes und Folk-Riffs auf eine – in Sachen Gitarrenharmonien und Vocals – sehr an die Wipers und Hüsker Dü erinnernde Kutte. „Härvest“ war mein meistgehörter Song des Jahres, aber mittlerweile ergötze ich mich noch mehr an den darauf folgenden Titeln. Und das alles mit der schönsten Produktion des Jahres (klingt am besten auf billigen Kopfhörern). Der Metal Hammer hat’s mit 2/5 Sternen verrissen, aber das ist eh eine verkackte Springer-Schmonzette.
Reverend Kristin Michael Hayter – „SAVED!“
Wäre es früher erschienen, wäre 2023 komplett von diesem Album überlagert worden. So jedoch wurden nur die letzten Monate des Jahres von einem tiefen Drang nach Eucharistie, Selbstgeißelung und einem ordentlichen Schuss Messwein erfüllt. „I WILL BE WITH YOU ALWAYS“ kickt mich jedes Mal so dermaßen, dass der Heiland mir erscheint, und „ALL OF MY FRIENDS ARE GOING TO HELL“ bleibt der unerwarteste Banger des Jahres.
Fever Ray – „New Romantics“
Hach, Fever Ray. Nachdem ihr letztes Album „Plunge“ nach Jahren der Pause ein ziemlicher Bruch mit ihrem unbesiegbar famosen, düsteren, selbstbetitelten Debüt war, pendelt sich „New Romantics“ irgendwo in der Mitte zwischen den Polen ein. Vielleicht auch nur, weil man sich an die knalligere Version von Karin Dreijer aka 1/2 von The Knife gewöhnt hat? Egal. Ich liebe es.
Andrea – „Due in Color“
Als Ilian Tape-Liebhaber (ihr wisst schon, „Compro“ von Skee Mask) habe ich mich natürlich so oder so gefreut, dass es ein neues Album auf dem Label gibt. Noch mehr gefreut hat es mich, dass es ein Andrea-Album ist. Zwischen Breakbeat, Dub, Ambient, verträumten B12-Grooves und einem sonnigen Cover hat dieses Album einfach viel Wärme mitgebracht.
Hexer – „Abyssal“
Ich habe sicher 10 Mal vergessen, dass dieses Album wirklich aus 2023 ist. Vermutlich, weil ich es in der Woche des Erscheinens schon 10 Mal gehört habe. Für mich das beste Metal-Album des Jahres, kompromissloses Gebretter, das zwischen Black Metal-Attitude und Doom-Restbestandteilen vor allem am verwesenden Korpus des 90er Jahre-Death Metal nagt, vor allem an den von mir geliebten Entombed. Und das alles mit einem einzigartigen Gitarrensound, respektive: sehr uniquen Gitarrenharmonien, die eher an israelische Black Metal-Bands wie Mortuus Umbra erinnern. Technisch top, geil, dass es sowas in der Gegend gibt.
Khanate – „To Be Cruel“
Trotz großer Begeisterung für Steven O’Malleys musikalischem Output (neben Sunn O))) als Teil von Thorr’s Hammer, Burning Witch, Teeth Of Lions Rule The Divine (mit ex-Napalm Death und Cathedral-Sänger Lee Dorian) – you name it) habe ich Khanate erst so 2022/2023 auf den Schirm bekommen. Absolut abgefuckte Musik mit unvorstellbarem Timing. Dass dann noch ohne Vorankündigung ein neues Album erschienen ist, hat 2023 ein Stück besser, aber auch weitaus verzweifelter gemacht.
Natural Child – „Be M’Guest“
Einfach richtig schöne gute Laune-Mucke. Erinnert in ihren mittdreißiger-wir sind alle pleite, aber romantisieren es-Country-Vibes sehr an Cosmic Guilt, die ich letztes Jahr abgefeiert habe, man bekommt Bock Luckies im Sonnenuntergang zu rauchen und diese Lederjacken mit Fransen an den Ärmeln zu tragen.
Blood Ceremony – „The Old Ways Remain“
2023 war – auch dem Thema der Split-/Kollabo-EP von meiner Band Mother Bear mit Allysen Callery geschuldet – von einer intensiven Beschäftigung mit Folk Horror geprägt. Da passte es gut, dass das neueste Lebenszeichen dieser einst innig geliebten Retro-/Okkult-Rock-Kapelle schon im Titel den richtigen Trampelpfad einschlägt. Ich fands erst ein wenig zu poppig und soft, aber mittlerweile liebe ich es Großartig gespielt und gesungen, catchy Songwriting mit vielen 70s-Referenzen, aber gleichzeitig irgendwie mit einem Fuß in der Gegenwart. Oder zumindest in den 80ern, das ist für so hängengebliebene Mucke schon quasi die Zukunft. Schönes Artwork auch (glaube, es ist von Albert Beardsley).
Swans – „Los Angeles: City of Death„
Ich könnte als Dritter im Bunde die Frage stellen, ob das Album durch das Konzert in Bochum besser geworden ist. Keine Ahnung. Ist auch egal. Es ist einfach sehr, sehr gut.
Die Goldgrube
2023 war auch, angetrieben durch das heftige Konzert von Show Me The Body in der Trompete, mein Jahr des Hardcore. Die größte Freude hatte ich mit Chain Whip – „Call of the Knife“, einfach absolut nach vorne, pöbelig, ranzig, bockig und Old School. Gleiches gilt für die … nun ja, sehr klassischen Conservatory Military Image. Große Freude hatte ich auch mit GEL, Pest Control und den eher Grind-lastigen Xiao. Wenn man die Randbereiche des Hardcore abgrast, gilt es auch einen Blick zu Full Of Hell schweifen zu lassen, die A) eine großartige, aber streckenweise etwas inkohärente Scheibe zusammen mit Nothing rausgebracht haben, B) auf der neuesten Year of the Knife (grandioses Geknüppel) featuren, C) eine weird-düstere, experimentelle und eher Noise-lastige Split EP mit Gasp released haben (tbh mein Favorit von denen dieses Jahr) sowie D) ein genial stumpfes, grooviges Monster von Kollabo-Album mit Primitive Man auf den Tisch geknallt haben. Krasser Output und jedes Mal was anderes, ich bin hyped.
Matschmix
War eins der ersten Konzerte des Jahres und absolut super (im Rattenloch): Daevar. „Delirious Rites“ ist eigentlich nur eine EP, hat aber heftig gute Melodien am Start und, gut, klingt super stark nach Windhand. Die wiederum klingen super stark nach Acid King, mit deren letztem Output nach jahrelanger Pause ich erst nichts anfangen konnte, es jetzt aber sehr regelmäßig höre. Gleiches gilt für High on Fire. Absolut episch, aber auch schon mehr in Richtung Black Metal geht der Abgesang der Band mit dem schönsten Logo Mitteleuropas, Urfaust, deren „Untergang“ es mir endlich möglich machen, Fan genug zu sein um reinen Gewissens einen Patch zu kaufen.
5 denkwürdigste Konzerte
Show Me The Body / Trompete, Bochum
Swans / Christuskirche, Bochum
Godspeed You! Black Emperor / Kantine, Köln*
Color Haze / Junkyard, Dortmund
Bell Witch / Gebäude 9, Köln
*hier kullerten einige Tränen und ich hatte Erinnerungen zu einem Song, zu dem ich keine Erinnerungen haben konnte, also quasi ein falsches Deja-Vu? Keine Ahnung. Heftig.